STYLEBOOK: Prof. Trefzer über Kosmetik (08/2014)

Badele, LavendelEine Zaubertinktur, die Achselnässe und Schweißgeruch ein Ende bereitet – wir waren so froh, sie endlich gefunden zu haben. Seit einigen Monaten aber sind Deos mit Aluminiumverbindungen in Verruf geraten: Sie sollen sogar Krebs erregen.
Höchste Zeit generell über die Inhaltsstoffe unserer Kosmetikprodukte nachzudenken. STYLEBOOK.de hat mit verschiedenen Experten über zehn Zusätze gesprochen, die im Moment besonders heiß diskutiert werden.

1. ALUMINIUMCHLORID
Was ist es? Aluminiumchlorid entsteht durch das Auflösen des Leichtmetalls Aluminium in Salzsäure, es gilt als Nervengift.
Wo steckt’s drin? In Anti-Transpiranten – also Deos, die nicht nur Geruch übertünchen, sondern die Poren verschließen und so die Schweißbildung reduzieren.
Das Problem: Zu viel Aluminium im Körper soll das Risiko auf Brustkrebs und Alzheimer erhöhen.
Das sagt der Experte: „Es gibt keine verlässlichen Studien, dass Deos mit Aluminium-Verbindungen tatsächlich Brustkrebs auslösen“, so Dr. Reinhard Mrotzek, Dermatologe aus Datteln. Selbst das Bundesinstitut für Risikobewertung sehe sie kritisch, habe sie bisher aber nicht verboten – noch nicht zumindest. Aktuell laufen Untersuchungen, wie gesundheitsschädlich sie wirklich sind. So lange sie auf dem Prüfstand stehen, empfiehlt Dr. Mrotzek, Aluminium-Deos zumindest nicht täglich zu benutzen und „auf keinen Fall auf frisch rasierten Achseln.“
Fazit: Auch wenn sie derzeit die einzige konventionelle Methode sind, die wirklich gegen starkes Schwitzen hilft: Wir denken vorsichtshalber um und greifen ab jetzt zu unbedenklichen Alternativen.

2. SILIKONE
Was ist es? Der Sammelbegriff für eine große Gruppe von synthetischen Stoffen, die aus Verbindungen aus Silizium und Sauerstoff bestehen.
Wo steckt’s drin? In Haarpflegeprodukten oder Hautcremes mit Anti-Aging-Effekt.
Das Problem:
Auch wenn der Inhaltsstoff einen schlechten Ruf hat – gesundheitliche Risiken gibt es nicht, solange man nicht allergisch ist. Die Probleme, die auftreten können, sind eher optischer Natur: Silikon lässt sich angeblich nur schwer aus den Haaren auswaschen, soll sie dadurch beschweren. In Cremes enthalten soll Silikon die Poren verstopfen.
Das sagt der Haar-Experte:
„Angegriffenes Haar kann ein Silikon-Shampoo optisch wieder aufbauen, indem es die strapazierte Oberfläche glättet“, erklärt Michael Manthei, Friseur aus Berlin. Zu oft benutzen sollte man es aber nicht, sonst kann der sogenannte Build-up-Effekt einsetzen: Das Silikon lagert sich Schicht um Schicht auf dem Haar ab, lässt es in der Folge stumpf und fettig aussehen. Bei gesundem Haar seien Silikon-Shampoos unnötig, bei feinem grundsätzlich ungeeignet, „sie würden es zu sehr beschweren.“
Das sagt der Haut-Experte:
„Silikone hinterlassen einen feinen Film auf der Haut, für einen sofort glättenden Effekt“, weiß Dr. med Sabine Zenker, Dermatologin aus München. Wenn dieser gewünscht ist, bestehe kein Grund, solche Kosmetik nicht zu verwenden – „vorausgesetzt, die Haut ist gesund!“
Fazit: Silikon ist für kaputte Zotteln und faltige Haut eine Art Express-Beauty-Kur – wenn auch eine chemische. Beim Kauf sollte man auf hochwertige Produkte achten. Stehen Zusätze, die auf „-icone“ oder „-iloxane“ enden, ganz oben in der Inhaltsstoff-Liste, bleibt das Produkt im Laden: Hier ist zu viel Silikon enthalten! Der Gesundheit schadet das zwar nicht, Haut oder Haare können aber schnell überpflegt werden, was den gewünschten, verschönernden Effekt mindert.

3. Parabene
Was ist es? Parabene sind Konservierungsstoffe, eine chemische Bindung der para-Hydroxybenzoesäure.
Wo steckt’s drin?
Als Haltbarmacher in Hautcremes.
Das Problem: Sie sollen Allergien auslösen.
Das sagt der Experte:
„Konservierungsstoffe in Kosmetika sind sehr wichtig: Ohne sie würde eine Creme in kürzester Zeit unansehnlich und nicht mehr verwendbar“, erklärt Dr. med Sabine Zenker. Die häufig verwendeten Methyl­parabene seien relativ gut verträglich, in ihrer Münchner Praxis behandelt die Hautärztin allerdings auch allergische Reaktionen. „Isopropyl-, Isobutyl-, Pentyl- und Phenylparaben werden selten eingesetzt, über sie gibt es nur eingeschränktes Fachwissen.“ Diese will das Bundesinstitut für Risikobewertung künftig ganz verbieten lassen.
Fazit: Parabene sind nicht grundsätzlich schlecht – allerdings reagiert jeder anders. Mit einem Epicutan-Test kann der Hautarzt beurteilen, ob Ausschläge oder andere Auffälligkeiten allergisch bedingt sind. Produkte, die die laut Dr. Zenker kritischen Isopropyl-Parabene und Co. enthalten, sollte man vermeiden.

4. FLUORID
Was ist es?
Fluoride sind die Salze der Fluorwasserstoffsäure – mit dem ätzenden Giftgas Fluor also verwandt, aber nicht identisch.
Wo steckt’s drin? In den meisten handelsüblichen Zahnpasten.
Das Problem: Es soll den Körper vergiften, sogar Zähne und Knochen zerbröckeln lassen.
Das sagt der Experte: „Wenn man es überdosiert, ist Fluorid tatsächlich giftig“, räumt der Berliner Oralchirurg Dr. Andreas Schwitalla ein. Aber: „Der Zahnschmelz braucht Fluorid, um widerstandsfähiger gegenüber Säure zu sein.“ Ohne eine gute Schutzschicht hätten Kariesbakterien freie Bahn, der Zahnschmelz wäre angreifbar, würde verfärben. Ist er einmal abgebaut, bleibt das schmerzempfindliche Zahnbein schutzlos zurück. Schwitalla rät daher zur Verwendung von fluoridhaltigen Pasten.
Fazit: Biorepair (ca. 5 Euro), Ajona (etwa 1,50 Euro) und andere fluorid-freie Zahnpasten fallen bei Stiftung Warentest durch. Und auch etliche klinische Studien belegen, dass Rezepturen ohne Fluoride keine Kariesprophylaxe bieten. Bei fluoridhaltiger Zahnpasta beherzigen wir in Zukunft Schwitallas Empfehlung: „Es genügt ein Zentimeter langer Streifen – und bitte nicht herunterschlucken!“

5. Paraffine/Mineralöle
Was ist es?
Meist aus Erdöl destillierte Öle.
Wo steckt’s drin? Als Feuchtigkeitsspender in Lotionen für trockene Haut.
Das Problem: Sie sollen die Haut abdichten, so dass sie nicht atmen kann.
Das sagt der Experte: „Mineralöle sind häufig Bestandteile dermatologischer Cremes zur Behandlung extrem trockener Stellen“, erklärt Dr. Dirk Meyer-Rogge, Hautarzt aus Köln. Vorteil: Anders als bei Pflanzenöl, dessen Qualität je nach Herkunft und Lieferant schwanken kann, seien Paraffine gleichbleibend gut. Dass Mineralöle synthetisch erzeugt werden, ist laut Meyer-Rogge kein Problem – im Gegenteil: „Vielmehr sind es natürliche Inhaltsstoffe, auf die Menschen mit sensibler Haut allergisch reagieren.“
Fazit: Mineralöle bergen kein Risiko auf ernsthafte Erkrankungen und auch nur ein geringes allergenes Potential. Sie grundsätzlich aus der Beautyroutine auszuschließen, ist also nicht nötig.

6. FORMALDEHYD
Was ist es?
Die gängige Bezeichnung für die chemische Verbindung Methanal.
Wo steckt’s drin? In etlichen Kosmetika, etwa in Shampoo, Nagellack, Nagelhärter, Haarwuchs- und färbemitteln, Selbstbräunern.
Das Problem: Formaldehyd soll Allergien, Asthma, Bewusstseinsveränderungen, Kopf- und Gelenkschmerzen verursachen können – und sogar Krebs.
Das sagt der Experte: „Formaldehyd ist höchst toxisch“, warnt der Frankfurter Hautarzt Dr. Adam Pomer. Das Fatale: Die Chemikalie ist ein Konservierungsstoff und günstiges Antiseptikum, weshalb sie in der Industrie gerne verwendet wird. Pomer rät zu besonderer Vorsicht, wenn Kosmetika Hydantoin oder das Tensid Sodium Lauryl Sulfat enthalten: Oft versteckt sich in solchen Mischungen zu großen Teilen Formaldehyd. „Es trocknet nicht nur Haut und Haare aus, sondern kann Zellen für immer zerstören.“
Fazit: Auch die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) stuft Formadehyd als karzinogen (krebserregend und -fördernd) ein – kein Wunder, dass es in der Europäischen Gemeinschaft als Inhaltsstoff deutlich gekennzeichnet sein muss. Klarer Fall: Beauty-Produkte, die „Formalin“, „Formol“ oder fragwürdige Inhaltsstoffgemische enthalten, gehören in die (Chemie-)Tonne!

7. Glycerin
Was ist es? Die Verbindung Propan-1,2,3-triol, besser bekannt unter ihrem Trivialnamen Glycerin, ist ein Zuckeralkohol.
Wo steckt’s drin? In Seifen, Duschgels oder Shampoos, aber auch in Gesichtscremes und Körperlotionen.
Das Problem: Glycerin soll den tieferen Hautschichten Wasser entziehen, sie austrocknen.
Das sagt der Experte: „Glycerin bindet das Wasser in der Creme“, erklärt
Prof. Dr. Uwe Trefzer, Leiter des Dermatologikums Berlin. Damit sorgt es für eine geschmeidige Textur und verhindert das Austrocknen des Produktes. Viel wichtiger noch: Vor allem auf die Haut habe Glycerin – im Gegensatz zu seinem Ruf – eine stark hydratisierende Wirkung. „Insbesondere bei trockener Haut und Mischhaut rate ich ausdrücklich zur Verwendung glycerinhaltiger Kosmetik.“
Fazit: Glycerin kommt in der Beauty-, Lebensmittelindustrie und Medizin zum Einsatz, das Bundesinstitut für Risikobewertung stuft den Zuckeralkohol als unbedenklich ein.

8. ACETON
Was ist es? Der Trivialname für die organisch-chemische Verbindung Propanon, ein Lösungsmittel.
Wo steckt’s drin? In vielen Nagellackentfernern.
Das Problem: Aceton soll die Haut austrocknen und die Atemwege reizen, auf Dauer sogar Blut und Knochenmark schädigen.
Das sagt der Experte: Dr. Adam Pomer, Dermatologe und Allergologe aus Frankfurt am Main, bestätigt, dass Aceton toxisch ist – als Nagellackentferner in dieser Konzentration aber relativ unbedenklich. Seine Empfehlung: nicht täglich benutzen „und bitte nicht mit frisch behandelten Fingern in die Augen fassen!“
Fazit: Inzwischen gibt es etliche acetonfreie Nagellackentferner (z.B. den Remover von OPI, ca. 9 Euro), man kann das stark riechende Lösungsmittel also problemlos vermeiden. Wenn Ihnen zwischendurch mal ein acetonhaltiger unterkommt: Nach der Anwendung Hände gründlich waschen und dann eincremen, damit Haut und Nägel nicht austrocknen.

9. Kollagen
Was ist es?
Ein Strukturprotein des Bindegewebes, das bei vielzelligen Lebewesen vorkommt – auch beim Menschen. Als kosmetischer Zusatzstoff wird er meist aus tierischen Geweben gewonnen.
Wo steckt’s drin? In Pflegeprodukten mit Anti-Aging-Effekt, der Inhaltsstoff soll Falten aufpolstern können.
Das Problem: Sie sollen, extern angewendet, völlig wirkungslos sein. Und das, obwohl kollagenhaltige Cremes in der Regel ziemlich teuer sind.
Das sagt der Experte: „In der Haut trägt das körpereigene Kollagen zur Bildung des Hautgerüstes bei, ist für Elastizität und Festigkeit verantwortlich“, erklärt Dr. med Sabine Zenker. Die Kollagenmoleküle in äußerlich angewendeten Produkten jedoch seien zu groß, um in die Haut eindringen. Als Pflegezusatz wirken sie lediglich feuchtigkeitsspendend, lassen die Haut glatter und frischer aussehen – allerdings nur kurzzeitig. „Die oft ausgelobten Faltenglättung und Straffung sind über Cremes nicht möglich“, so Dr. Zenker.
Fazit: Tatsächlich kann man mit Kollagen einen Lifting-Effekt erzielen – vorausgesetzt, man injiziert es in die Haut. In Cremes ist der Zusatz zwar nicht schädlich, aber praktisch wirkungslos, sprich: rausgeschmissenes Geld.

10. Alkohol
Was ist es?
Im allgemeinen Sprachgebrauch der Begriff für die chemische Verbindung Ethanol.
Wo steckt’s drin? In Deodorants, Parfüms, Gesichtswassern, Anti-Pickel-Stiften…
Das Problem: Alkohol in Pflegeprodukten soll die Haut austrocknen.
Das sagt der Experte: Gerade in Deodorants ist Alkohol ein sehr sinnvoller Bestandteil, erklärt Prof. Dr. Trefzer: „Er tötet die Bakterien, die sonst für eine unangenehme Geruchsbildung in den Achseln verantwortlich sind.“ Auch in anderer Kosmetik wird Alkohol für seine antibakterielle Wirkung eingesetzt, etwa in Reinigungs-Tonics fürs Gesicht: Er wirkt desinfizierend, etwa auf verstopfte Poren, die sonst zu Pickeln oder Mitessern führen können. Gleichzeitig dient er als Konservierungsmittel: „Creme würde ohne Alkoholzusatz schnell verderben oder ranzig werden.“ Menschen mit trockener Haut sollten jedoch zu Produkten greifen, die nur wenig Alkohol enthalten: Es entzieht der Haut das sowieso schon zu wenig vorhandene Fett und kann sie zusätzliche austrocknen.
Fazit: Ob ethanolhaltige Beautyprodukte mir schaden, merke ich schnell selbst: Bei gereizter, geröteter oder stark ausgetrockneter Haut ersetze ich mein Gesichtswasser oder Deodorant einfach durch eines mit der Aufschrift „alkoholfrei“ – davon gibt es schließlich reichlich.