Brigitte WOMAN: Manchmal muss es Serum sein (11/2014)

Beautiful model applying a cosmetic skin serum treatmentSeren können viel – und vieles besser als herkömmliche Cremes. Sechs gute Gründe, sich ab und zu diesen Luxus zu gönnen

Kommt ja mal vor: Die Haut ist aus der Balance geraten, durch Stress oder Krankheit, und überhaupt dürfte sie sich ruhig mal wieder etwas prallerund straffer anfühlen. Jetzt könnte sich der Kauf eines Serums lohnen – für die Haut und für den Kopf. Sich etwas zu gönnen tut schließlich gut. Und Seren gelten geradezu als Zauberelixiere: Tropfen für Tropfen spenden sie müdem Teint neue Energie, polstern ihn auf und lassen ihn frischer und jünger wirken. Möglich macht das ihre einzigartige Konsistenz und Wirkstoff-Dichte. „Seren enthalten bis zu dreimal so viele Wirkstoffe wie eine Creme- und in höchstmöglichen Konzentrationen”, erläutert Eric Gooris, Leiter der Clarins Laboratoires in Paris. Deshalb sind sie manchmal auch dreimal so teuer wie Cremes. Dafür ziehen sie schneller ein – und damit besser und tiefer. „Das liegt daran, dass sie besonders kleine Moleküle haben und lipophil – fettfreundlich – sind. Daher können sie die Lipidschicht der Haut durchdringen und besser in die Tiefe penetrieren”, erklärt die Hautärztin Dr. Martina Tröbinger vom DERMATOLOGIKUM BERLIN. Die empfohlene Anwendungsdauer hängt von der Art des Serums ab, von seiner Konsistenz, Verträglichkeit und natürlich dem individuellen Hautzustand. Das reicht von zwei bis vier Wochen – kurartig für einen kurzfristigen Impuls oder wenn die Wirkstoffe extrem hochkonzentriert sind – bis zu einer ganzjährigen Dauerpflege. Seren werden entweder pur oder unter der Tages- bzw. Nachtcreme aufgetragen. Wegen eines Synergie-Effektes ist es in dem Fall ratsam, Produkte aus einer Serie zu nehmen. In der Regel reichen zwei, drei Tropfen. Dabei wird die Essenz sanft kreisend – von innen nach außen – in die Haut einmassiert. Und nicht zuletzt führen unterschiedliche Seren zu unterschiedlichen Effekten.

  • Feuchtigkeitsschub: Ab 30 leeren sich die hauteigenen Feuchtigkeitsdepots. Der Wasserhaushalt der Haut gerät aus der Balance: Sie kann Wasser nicht mehr so gut speichern, wird trocken, und Fältchen graben sich frühzeitig ein. Hinzu kommt, dass die Haut auch auf Wind und Wetter oder Heizungsluft spröde reagiert. Feuchtigkeitsbindende Elixiere, die größte Gruppe unter den Seren, sind da die idealen Durstlöscher. Sie fluten die Haut mit Wasser bzw. Thermalwasser, punkten mit Glycerin oder dem Feuchtigkeitsmagneten Hyaluronsäure. Dieser wird häufig in Form klitzekleiner Moleküle in tiefere epidermale Schichten geschleust, um auch dort Feuchtigkeit zu binden. Zusätzlich kann sie indirekt die Zellvernetzung verbessern – dadurch kann hauteigenen Feuchtigkeit nicht so leicht verdunsten. Manche seren sollen auch die Eigenproduktion von Hyaluronsäure stimulieren.
  • Soforthilfe: Bis in die Nacht gearbeitet? Bis zum Morgengrauen gefeiert? Serum auftragen! Egal ob vor dem Schlafengehen oder nach dem Aufstehen angewendet – der Effekt ist verblüffend. „Beispielweise sieht der Teint nach dem Auftragen eines Serums mit Glycerin wirklich sehr viel praller und glatter aus”, so die Dermatologin. Für Special Effects am Morgen danach sorgen zum Beispiel roséfarbene und goldene Pigmentpartikel, die das Licht reflektieren und dem Teint mehr Strahlkraft verleihen. Der Ansatz bei der Naturkosmetik von Dr. Hauschka: Die Produkte sollen der Haut den Impuls geben, sich aus eigener Kraft zu regenerieren.
  • Weniger Pigmentflecken: Alterungsprozesse, UV-Strahlen oder hormonelle Veränderungen zeigen sich häufig in braunen Verfärbungen – ein Indiz dafür, dass in der Haut zu viel vom Farbpigment Melanin gebildet wurde. Essenzen, die eine geballte Ladung aufhellender Extrakte enthalten – z.B. aus Fruchtsäuren, Vitamin C, Honig, Gelée Royale, Süßholz -, können Pigmentflecken zu Leibe rücken. Echte Pflanzen Power zeigt das Gänseblümchen, der Newcomer unter den Fleckenentfernern. Es soll die Melaninbildung regulieren und den Teint ebenmäßiger wirken lassen. In Kombination mit anderen weißen Blüten oder Repair-Enzymen setzt es bei der Entstehung von Pigmentflecken an und soll die Urheber der Melaninproduktion, etwa das Enzym Thyrosinase, ausbremsen.
  • Anti-Aging-Potenzial: Um Falten vorzubeugen oder vorhandene zu mildern, eignen sich Produkte mit festigenden Polypeptiden und den Vitaminen A (glättet auch tiefere Falten) und E (guter Zellschützer). „Diese Substanzen können nachweislich etwas bewirken”, so Dr. Tröbinger. Hochkonzentriertes Vitamin C ist obendrein ein toller Straffmacher. Neuerdings setzt man auch sogenannte Wachstumsfaktoren ein. Das sind körpereigene Zellen, die u.a. Erneuerungsprozesse steuern. Im Laufe der Jahre wird ihre Produktion gedrosselt. Mit dem synthetischen, naturidentischen nachgebauten Haut-Wachstumsfaktor (EGF=Epidermal Growth Factor) soll die Zellerneuerung wieder angekurbelt werden. Die Hautärztin Tröbinger warnt allerdings vor zu viel Euphorie. „Langjährige Lifestyle-Sünden lassen sich zwar kurzfristig optisch mildern, mit einem Serum allein kann man sie aber nicht wettmachen.”
  • Sanfte Hautstraffung: Kein Produkt der Welt kann Hängebacken nach oben ziehen. Aber Seren können zumindest dem Abwärtstrend entgegenwirken und der Haut wieder mehr Festigkeit und dem Gesicht etwas mehr Kontur verleihen. Das geht schon mit der Textur los. „Stretch-Texturen bringen sofort einen leichten Lifting Effekt”, versichert Clarins-Experte Eric Gooris. „Sie legen sich wie ein hauchfeiner netzartiger Film über das Gesicht und wirken so sanft straffend.” Für anhaltende Spannung sorgt hier neben anderen Inhaltsstoffen Getreidezucker (z.B. aus Hafer). „Ehe ein Lifting-Serum auch biologisch Wirkung zeigt, dauert es aber mindestens drei bis vier Wochen”, so Gooris. Die drei Hauptstrategien: die gestaute Lymphe in Schwung bringen, um ungewollte Wassereinlagerungen loszuwerden (z.B. mit Awapuhi-Ingwer-Extrakt), fehlendes Volumen auffüllen (z.B. mit Magnolol aus der Magnolie) und die Haut festigen (z.B. mit Peptiden aus Erbsen, Anissamen oder Molkeproteinen).
  • Ein gutes Gefühl: Einige Produkte beinhalten winzige kleine Pflegeperlen, die sich beim Einmassieren auflösen. Andere sind so federleicht, dass man sie kaum spürt. Fast alle hinterlassen einen wunderbar seidigen Film. Um den hinzukriegen, verwenden viele Kosmetikhersteller Silikone (z.B. unter der Bezeichnung „Cclomethicone”, „Dimethicone”) oder setzen Naturstoffe ein, die einen ähnlichen Soft-Effekt wie Silikon haben. Samtig wird die Haut auch mit reichhaltigen Oleo-Seren, einer Mischung aus Öl und Serum – sie nähren einen reifen, trockenen Teint besonders gut.